„Uns geht es um ein anderes Wachstum“
Im Interview:
Markus Korfmacher, Vorstand und Gründungspartner der Capitell AG sowie Sven Karkossa, Leiter der Niederlassung Frankfurt über unsere Werte, Wachstumsambitionen und warum wir nach wie vor keine eigenen Produkte in den Depots unserer Kunden einsetzen.
Der Originaltext des Interviews wurde mit freundlicher Genehmigung des Private Banking-Magazins übernommen; das Interview führte Ansgar Neisius.
„Uns geht es um ein anderes Wachstum“
Regulierung, Digitalisierung, Wachstum – die Themen der Vermögensverwalter sind bekannt. Einen ganz eigenen Weg geht die Capitell Vermögens-Management. Ein Gespräch mit Markus Korfmacher und Sven Karkossa über Ambitionen, „Local Heroes“ und das Angebot an Private Banker.
private banking magazin: 2020 war ein bewegtes Jahr, auch in der Private-Banking- und Vermögensverwalterbranche. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Markus Korfmacher: Das vergangene Jahr war nicht nur wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie, sondern auch aufgrund personeller Veränderungen in unserem Haus anspruchsvoll. Aufgrund des hohen Wachstums der vergangenen Jahre mussten wir uns strukturell anpassen. Das ist uns gut gelungen, und wir haben jetzt ein solides Fundament für die Weiterentwicklung der Capitell gelegt.
Sven Karkossa: Eines unserer Ziele ist es nun, die betreuten Kundengelder in Höhe von knapp 2 Milliarden Euro zu verdoppeln, und zwar durch die Gründung neuer Standorte, die sehr gezielte Eingliederung von Vermögensverwaltern und fähigen Private Bankern. Dies gilt für den Capitell-Standort Frankfurt gleichermaßen wie für unsere Niederlassungen in Hamburg, Hannover, Mannheim, Baden-Baden und Ulm.
Sehen Sie sich als Konsolidierer?
Karkossa: Das ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn dann würde es uns vor allem darum gehen, Volumen unter unserem Dach zu poolen. Wir wollen gutem Personal, egal ob aus Private Banking oder von Vermögensverwaltern, eine Heimat bieten. Voraussetzung ist, dass man zueinander passt. Das können kleinere und mittelgroße Vermögensverwalter sein, die unsere Anlagephilosophie und Art und Weise Kunden zu betreuen teilen. Oder Private Banker, die sich in einer Bank nicht mehr zuhause fühlen. Es geht uns aber nicht darum, um jeden Preis zu wachsen, sondern vielmehr um die qualitative Weiterentwicklung unserer Standorte.
Korfmacher: Letztlich zwingt uns der hohe Regulierungsdruck dazu sehr effizient mit unseren Ressourcen zu wirtschaften. Viele unserer Kollegen in anderen Häusern würden lieber ihre Zeit mit den Kunden und für die Akquisition von Neuen nutzen. Stattdessen müssen sie sich durch den Regulierungsdschungel schlagen. Aufgrund unserer sehr guten administrativen Aufstellung können wir diese Themen für unsere Berater zeitsparend lösen. Je mehr Zeit für die Bestandskunden und die Akquisition zur Verfügung, steht desto höher sind am Ende die Honorareinnahmen.
Können das nicht alle?
Korfmacher: Wenn wir uns den Markt der unabhängigen Vermögensverwalter anschauen, sehen wir wenige, die so wie die Capitell mit mehreren Standorten in Deutschland aufgestellt sind. Es ist doch ein großer Unterschied, ob man an einem Standort oder mehreren Standorten agiert.
Neben den organisatorischen Fähigkeiten braucht es ein stabiles Vertrauensverhältnis. Hierbei geht es zu allererst um die gemeinsamen Werte, die eine Gemeinschaft verbindet. Wir sind ein Team von Führungskräften, das im Sozietätsgedanken als Miteigentümer demokratisch Entscheidungen trifft. Will heißen, dass unsere sechs Niederlassungen stark in unsere Hausprozesse eingebunden sind. Wir wären schlecht beraten, wenn wir unsere „Local Heroes“ nicht ihre Stärken vor Ort ausspielen lassen würden. Der Vorstand und die Zentrale haben für die Standorte eher eine Service-Funktion.
Karkossa: Durch meine Erfahrungen aus dem Depotbankgeschäft bei Credit Suisse kann ich sagen, dass nur wenige Vermögensverwalter dauerhaft dazu in der Lage sind. Denken wir an größere Eingliederungen oder strategische Partnerschaften können das von den deutschlandweit 450 Vermögensverwaltern vermutlich nur 5 bis 10 Prozent.
Wir hingegen sind in der Lage und haben das nötige Personal dafür, effizient neue Strukturen wie neue Niederlassungen aufzubauen. Im klassischen Dreiecksmodell aus Kunde, Vermögensverwalter und Depotbank sind die Parteien oftmals überfordert, wenn auf einen Schlag mal fünfzig, sechzig oder hundert Kunden zu einer neuen Adresse wechseln. Und das merkt der Kunde sofort. Wir indes haben jüngst einen kleineren Vermögensverwalter schnell und erfolgreich in sechs Wochen integriert. Man muss dann Depotbanken andocken können, Verträge umschreiben, mit den Kunden eng im Austausch sein und das ganze Vertragswesen abwickeln können. Ansonsten verliert man Momentum.
Warum bietet Ihr Haus nur die Vermögensverwaltung, nicht die Anlageberatung?
Korfmacher: Über 90 Prozent unserer Kunden betreuen wir im Mantel einer Vermögensverwaltung. Nur wer als professioneller Kunde eingestuft werden kann, erhält die Dienstleistung einer Anlageberatung. Aufgrund des hohen regulatorischen Aufwands sind die Kosten für die Dokumentation & Co. ansonsten zu hoch. Zudem hat die Vermögensverwaltung für den Kunden einen Riesenvorteil: Sie sind in Abschwungphasen an den Kapitalmärkten extrem handlungsfähig. Beraten sie die Kunden ohne Vermögensverwaltungsmandat, müssen sie jeden einzeln fragen, wie er in einem laufenden Kursrutsch reagieren will. Wen rufen Sie zuerst, wen zuletzt an? Einige erreichen sie vielleicht erst nach 14 Tagen. Dann sind die Kurse in der Regel bereits stark gefallen und der Willen noch zu handeln ist gering.
Die Abschwünge – das zeigt die Statistik – sind extrem gestaucht und laufen nur kurze Zeit, die Aufschwünge indes ziehen sich in die Länge. Heißt: Es kommt überproportional auf besagte Reaktionsfähigkeit an. Vertraut ihnen ein Kunde und mandatiert sie in der Vermögensverwaltung, können sie unter Berücksichtigung der heutigen Rahmenbedingungen eine bessere Dienstleistung erbringen.
Karkossa: Gleichzeitig steht der Kunde bei Capitell im Mittelpunkt und es wird sich intensiv gekümmert, gerade in Krisenphasen die Kommunikation hochgehalten. Neben dem persönlichen Kundenkontakt haben wir daher auch unsere digitale Kommunikation mit erheblichen Budgets weiterentwickelt, aber die persönliche Betreuung hat Priorität.
Erfahrungsgemäß punktet man damit im deutschen Private-Banking-Markt bei Kunden in der Größenordnung von 500.000 bis 5 Millionen Euro, weil anderswo nach einem Standard abgearbeitet wird. Für uns ist das aber der Sweet Spot, da wir vom breiten Markt vernachlässigte Kunden mit gutem Service und durch qualifizierte Mitarbeiter bedienen können. Ansonsten droht diese Klientel, gerade die jüngeren Generationen, in Richtung Robo-Advisor und Trading Accounts abzuwandern und Selbstentscheider zu werden.
Wie wacklig sind die Private Banker in den Bankhäusern?
Korfmacher: Wir beobachten eine zunehmende Unzufriedenheit. Als Wertpapierleute standen die Private Banker doch immer im Schatten der Kreditberater. Nun ändert sich durch den andauernden Negativzins erstmals die Situation. Der Kreditbereich verdient risikoadjustiert kaum noch Geld, der Private Banker aber schon. Die Machtverhältnisse in den Banken verschieben sich.
Gleichzeitig bewirkte die Institutsvergütungsverordnung, dass zunächst die Bonusteile der Gehälter offengelegt und gedeckelt wurden. Um auszuweichen, stiegen die Fixgehälter, um den Bankern nicht erklären zu müssen, dass ihr Gehalt de facto gekürzt wird. Allerdings müssen die Banken die Fixkosten mit Eigenkapital unterlegen, und das tut jetzt richtig weh. Doch wie reagieren? Die Fixgehälter lassen sich nicht zurückdrehen, also müssen sie an die ohnehin schon gedeckelten Boni ran. Darüber hinaus werden die jährlichen Zielvereinbarungen höher und höher gesteckt. Ein Teufelskreis. Das fördert nicht gerade die Zufriedenheit der Berater im Private Banking.
Viele Vermögensverwalter legen eigene Fonds auf, die Capitell Vermögens-Management nicht. Woran liegt’s?
Markus Korfmacher: Bei der diskretionären Vermögensverwaltung muss bei Wertpapier-Orders jedes Depot einzeln angefasst werden, um die strategische oder taktische Vermögensallokation umzusetzen. Fonds hingegen sind deutlich effizienter zu managen. Wir bleiben aber dennoch dem Mandatsgeschäft treu, weil Fonds eine Blackbox sind. Mit zwei, drei Private-Label-Fonds im Depot, kann der Mandant die Strategie unter Umständen nicht mehr nachvollziehen.
Unser Vorteil sind transparente, leicht nachvollziehbare Depots, ohne Einsatz von eigenen Produkten wie Fonds. Damit agieren wir ohne Interessenskonflikte. Unser Portfoliomanagement arbeitet wie ein bodenständiger Handwerker. Keine Experimente und belastbare Ergebnisse. Und das schätzen unsere Kunden.
Nur kann man mit Fonds das eigene Geschäft schneller skalieren, also wachsen.
Korfmacher: Das mag vordergründig so aussehen. Bei genauer Betrachtung sieht man, dass je nach Performance eines Fonds die Anlegergelder schnell kommen, aber auch schnell wieder gehen können. Das ist der Preis, der für die Anonymität zu zahlen ist. Auch für uns ist Wachstum wichtig. Allerdings legen wir großen Wert auf kontinuierliches Wachstum. Wir standen in der Finanzkrise vor der Frage, wie wir mit der damals schon abzusehenden Regulierung umgehen wollen. Es gab Sterben oder Flucht nach vorn, also wachsen. Und wir haben uns für letzteres entschieden, mitsamt Standort-Expansion. Ein Kraftakt, der sich in den vergangenen Jahren aber gelohnt hat. Als erstes eröffneten wir den Standort Hamburg. Weitere folgten. Jetzt haben wir sechs Standorte in Deutschland, auch dank unseres strategischen Investors Daniel Hopp, der seit über zehn Jahren die Entwicklung der Capitell begleitet.
Haben Sie sich zum Thema Nachhaltigkeit bereits positioniert?
Korfmacher: Damit, und mit dem Stiftungsmanagement, haben wir uns im zurückliegenden Jahr intensiv beschäftigt und dann unser erstes Nachhaltigkeitsportfolio mit Einzeltiteln aufgelegt. Es ging uns nicht nur um die Frage, welche Rolle der Klimawandel spielt, sondern welche weiteren Kriterien auch für unsere Kunden relevant sind. Kurzum: Wir haben uns aufgrund der Komplexität einen gewissen Vorlauf gegönnt, um uns fokussiert aus der Vogelperspektive mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das sehr positive Feedback unserer Kunden hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sehen es als Beginn einer neuen Ära in unserem Portfoliomanagement an.
Über die Interviewten:
Markus Korfmacher ist Gründungspartner der Capitell Vermögens-Management und seit 2001 Vorstandsmitglied. In dieser Funktion verantwortet er unter anderem das Controlling und Risikomanagement. Zuvor war er fünf Jahre lang Leiter der privaten Vermögensverwaltung der BHF-Bank.
Sven Karkossa leitet seit Oktober 2020 den Frankfurter Standort der Capitell Vermögens-Management. Zuvor war der 38-Jährige bei der Credit Suisse in Deutschland Ansprechpartner für hiesige Vermögensverwalter, die Geschäft mit der Schweizer Großbank tätigen.