Kapitalmarktausblick September: Jerome Powells Rede macht einen Aktiencrash noch unwahrscheinlicher
Frankfurt a.M., 31.08.2020
Mit seiner Rede vom Donnerstag, dem 27. August 2020, hat der US-amerikanische Notenbankpräsident weniger eine neue Geldpolitik eingeleitet als vielmehr das bestätigt, was praktisch schon seit längerem betrieben wird: Nicht die Inflationsentwicklung ist von primärer Bedeutung, sondern die Konjunktur und insbesondere der Arbeitsmarkt. Letzterer stellt in den USA, bedingt durch die Pandemie, nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein veritables gesellschaftliches Problem dar. Verschärft wird diese Situation durch die aktuellen Unruhen und Demonstrationen, entfacht durch die Polizeigewalt gegen Vertreter des afroamerikanischen Bevölkerungsteils. Diese Gemengelage trägt zur Verschlechterung des Konsumklimas bei, welches mehr als 70 % der US-Wirtschaftsleistung (BIP) repräsentiert.
Es ist also offensichtlich Skepsis angebracht, und die Erwartung einer entsprechend schwachen Entwicklung der Aktienmärkte scheint naheliegend. Darüber hinaus spricht auch die saisonale Statistik hinsichtlich des Aktienmonats September für eine eher ungünstige Perspektive. Sollten wir dementsprechend im kommenden Monat volatile Aktienmärkte erleben, werden viele Anleger dies auf unsichere Konjunkturperspektiven zurückführen.
Während wir der Ansicht zustimmen, dass unter den derzeitigen Bedingungen die Wirtschaftsaussichten ungewiss bleiben, sind wir dennoch von einem günstigen Umfeld für die Aktienmärkte überzeugt. Die Kurse der Aktien unterliegen, wie andere Preise auch, den wirtschaftlichen Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Solange sich das Angebot des für die Aktienkurse zur Verfügung stehenden Geldes in den USA auf einem historischen Rekordniveau befindet, sehen wir hier die primäre Ursache für eine günstige Aktienmarktentwicklung mit Blick auf das Jahresende. Diese Analyse wird durch die jüngste Erfahrung bestätigt, als sich im März entgegen der Erwartung vieler Investoren die Aktienmärkte nach einem gewaltigen Einbruch innerhalb weniger Wochen erholten und einige Aktien sogar neue Jahreshöchststände erreichten.
Kurzfristig ist jedoch Vorsicht angebracht. Dafür sprechen der zunehmende Optimismus, vor allem an den US-Aktienmärkten, der eine gewisse Rückschlagsgefahr birgt, sowie die Statistik hinsichtlich des Monats September.
Vergessen wir jedoch nicht, dass Anlagen in Aktien mit langfristiger Zielsetzung erfolgen sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinrich Mengel
CIO Capitell AG