Herausforderung Zinswende und Anleihemärkte

18. Mai 2022
Ein Kapitalmarktbericht von Karl-Heinrich Mengel & Thilo Heidrich

Wie die Entwicklungen an den Rentenmärkten einzuschätzen sind, berichten Vorstand Karl-Heinrich Mengel und der Experte für Anleihen und volkswirtschaftliche Analysen Thilo Heidrich.

Während die meisten Anleger auf die Aktienmärkte schauen, zeigen die Rentenmärkte sowohl in Europa als auch in den USA eine bemerkenswert negative Entwicklung. Hintergrund sind Inflationszahlen, die sich historisch betrachtet auf sehr hohem Niveau bewegen.

Eine Reihe von Ursachen haben zu dieser Entwicklung geführt. Durch die Rezession während der Corona-Pandemie hat sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in verschiedenen Bereichen deutlich verschoben, so dass auf unterschiedlichsten Gebieten knappe Angebote einer hohen Nachfrage gegenüberstehen.

Hier sind Rohstoffe zu nennen, aber auch die Chip-Produktion. Mit dem Ukraine-Krieg wurde diese inflationsbegünstigende Ausgangssituation nochmals verschärft. Russland wird als Rohstoff-Lieferant für Europa auf unbestimmte Zeit ausfallen, so dass sich Rohstoffe nochmals verteuern werden. Dazu sind, wie mittlerweile bekannt, Russland und die Ukraine maßgebliche Exporteure von Agrar-Produkten. Ergänzend ist zu erwähnen, dass aufgrund der rigiden Lock-Down-Politik in China wichtige Produkte in nicht ausreichendem Maße geliefert werden können, wie z.B. technische Komponenten für die Automobilindustrie.

Vor diesem Hintergrund liegen die Inflationszahlen aktuell von 7% bis über 8% in Europa und in den USA. Die amerikanische Notenbank ist alarmiert, zumal die Lohnsteigerung in den USA ein historisch sehr hohes Niveau erreicht hat. Somit ist die FED fest entschlossen, mit Zinserhöhungen der Inflation entgegen zu steuern. Die sich hieraus entwickelnden Marktzinsen führen wiederum zu Kursverlusten bei Anleihen.

Extrem expansive Geldpolitik drückte lange Zeit das Renditeniveau:

Noch bis weit in den Dezember 2021 hinein war der europäische Rentenmarkt von extrem niedrigen Renditen geprägt. Selbst Staatsanleihen mit langen Laufzeiten rentierten über Jahre negativ, so bewegte sich die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe seit April 2019 und Dezember 2021 durchgängig unterhalb 0% und somit im negativen Bereich. Gründe hierfür sind vor allem die expansive Geldpolitik, aber auch die hohe Bonität der Bundesrepublik Deutschland. Damit wurden die Renditen zusätzlich, und vor allem auch im längeren Laufzeitenbereich, gedrückt.

Inflationsanstieg und schnellere Wende der Notenbanken sorgen für historischen Zins-Schock Anfang 2022:

Im Verlauf des Jahres 2021 stieg die europäische Inflation über das Inflationsziel der EZB (bei 2 %). Bis dahin ging die EZB (wie auch die FED) von einer lediglich vorübergehenden Dauer aus. Daher waren die Notenbanken zunächst noch nicht bereit, eine restriktive Geldpolitik anzuwenden. Im Herbst 2021 war es Jerome Powell (FED Präsident), der die Märkte mittels seiner Rhetorik auf eine eventuell längere Phase der hohen Inflation vorbereitete und gleichzeitig einen Fahrplan restriktiver Geldpolitik seitens der FED verkündete. Binnen kurzer Zeit wurde dies an den Anleihemärkten eingepreist und spiegelte sich in einem starken Renditeanstieg wider (Zins-Schock). Ein ca. 30 Jahre währender Trend immer niedrigerer Renditen scheint damit zu enden.

Zur historischen Einordnung: Der Kursverlust bei US-Staatsanleihen im Jahr 2022 war einer der höchsten Verluste in den letzten 100 Jahren.

Der massive Anstieg der Renditen über das gesamte Laufzeitenband hat zur Folge, dass die Anleihekurse stark unter Druck geraten sind. Parallel dazu sind auch die Risikoprämien (Spreads) für Anleihen mit schlechterer Bonität gestiegen. Anleger haben wiederum eine höhere Kompensation für schlechtere Bonitäten gefordert. Dieser – sehr seltene – Gleichlauf von steigenden Renditen und steigenden Spreads hat die Anleihekurse doppelt belastet.

Zukünftige Entwicklung der Anleihemärkte:

Die Unsicherheit mit Blick auf die Inflation bleibt hoch. Aktuell ist die Diskrepanz zwischen Staatsanleihen guter Bonität und den zuletzt berichteten Inflationsniveaus sehr ausgeprägt. Derzeit liegt die Inflation in den USA bei 8%, während US-Staatsanleihen mit 10jähriger Laufzeit aktuell lediglich eine Rendite von etwa 2,9% erzielen. Der Investor wird daher nicht durch die Rendite der Anleihe für den inflationär bedingten Verlust des Geldwerts entschädigt. Sollten die Inflationszahlen nicht nennenswert zurückgehen oder auf dem aktuellen Niveau verharren, sind weitere Kursverluste insbesondere für Anleihen längerer Laufzeit kaum zu vermeiden. Der risikobewusste Anleger geht im Zweifel von diesem Szenario aus. Mittlere Laufzeiten vor dem Hintergrund einer möglichen Rezession, eine gute Bonität und möglichst konjunkturunabhängige Emittenten könnten einen guten Kompromiss darstellen. Für den Fall, dass eine Kombination aus restriktiver Geldpolitik und globaler Konjunkturschwäche zu fallenden Kapitalmarkzinsen führt, können länger laufende Staatsanleihen als Beimischung im Portfolio und mit Kurssteigerungspotential gehalten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinrich Mengel & Thilo Heidrich

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