Green, Social und Sustainability Bonds

Green, Social und Sustainability Bonds. Eine Erläuterung der Capitell AG.

Mit der in den letzten Jahren zunehmenden Notwendigkeit, dass sich auch Kapitalmarkteilnehmer mit den Folgen bzw. der Abmilderung des Klimawandels und den sozialen Ungleichheiten weltweit auseinandersetzen, erschienen am Anleihemarkt mit den sog. „Green“, „Social“ und „Sustainability“ Bonds drei neue Bezeichnungen. Gemeint sind damit Anleihen, die grüne (im Sinne von ökologisch), soziale oder nachhaltige Projekte finanzieren.

Viele Investoren haben vermutlich bereits eine der drei Anleiheformen gekauft, ohne bewusst darauf zu achten, denn auf den ersten Blick unterscheiden sich bspw. Green Bonds nicht von traditionellen Anleihen. Bei beiden Formen haben die Gläubiger einen Anspruch ggü. den Emittenten als Ganzes (und nicht etwa nur auf grüne Vermögenswerte), sodass es keinen Unterschied hinsichtlich des Ratings (und damit des Risikos bzw. der Kreditwürdigkeit) und der Rendite bzw. der Bewertung gibt.

Bei traditionellen Anleihen können Emittenten flexibel über die Erlöse verfügen, bei einem Green, Social oder Sustainability Bond müssen sie sich an freiwillige, aber dennoch strenge Transparenzvorgaben halten. Diese betreffen die Verwendung und Verwaltung der Erlöse, den Prozess zur Projektbewertung und –auswahl und das Berichtswesen. Die dafür notwendigen Standards wurden von der International Capital Market Association (ICMA) erlassen mit den sog. Green Bond Principles (GBPs), Social Bond Principles (SBPs) bzw. Sustainability Bond Guidelines (SBGs) und werden in Kürze durch EU Standards ergänzt und erweitert.

Der Emittent hat zwar einen Mehraufwand und höhere Kosten, wenn er sich den Standards unterordnet (insbesondere jährliche Kosten durch die Überprüfung der Einhaltung der Standards durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften), hat aber dafür eine breitere und langfristig orientierte Investorenbasis, denn die traditionellen Investoren werden um nachhaltige Investoren erweitert. So erhöht sich nicht nur die Finanzierungsstabilität des Emittenten, sondern auch die Sichtbarkeit seiner nachhaltigen Aktivitäten.

Der jüngst verabschiedete Taxonomy Climate Delegated Act der Europäischen Union dürfte dazu führen, dass die Emittenten weiter an Attraktivität gewinnen, denn durch ihn werden nachhaltige Investitionen zusätzlich gefördert.

Die längste Historie der drei Anleiheformen haben die Green Bonds. 2007/08 wurde der erste Green Bond durch die Weltbank emittiert, veranlasst durch eine Anfrage schwedischer Pensionsfonds nach Investitionsmöglichkeiten in klimaschonende Projekte. Weitere supranationale Emittenten folgten dem Beispiel und nur wenig später traten auch die ersten Versorgungsunternehmen am Green Bond Markt mit Emissionen zur Refinanzierung von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien auf.

Dann kamen staatliche Emittenten hinzu und schließlich auch Banken und Immobilienunternehmen, die z. B. sog. Green Buildings finanzieren. Welche anderen Projekte durch Green Bonds umgesetzt werden können, zeigt sich in der nachfolgenden Übersicht:

Kategorie

Beschreibung

Erneuerbare Energien

Wind, Sonne, Biomasse, Geothermie und Wasserkraftwerke, Brennstoffzellen, Batteriespeichertechnologie und damit verbundene Energiespeicher-Infrastruktur

Energieeffizienz

Entwicklung oder Einsatz von Technologien, die den Energieverbrauch für eine bestimmte Anlage reduziert oder auf Produktverbesserungen bei der Energieverteilung abzielt

Umweltfreundliche Gebäude

Gebäude, die anerkannte Standards und Zertifikationskriterien erfüllen (z.B. Minergie-, Gold LEED- oder einem sehr guten BREEAM-Rating)

Management von natürlichen Ressourcen

Projekte zur Erhaltung von Ökosystemen, einschließl. nachhaltiger Forstwirtschaft (z.B. FSC- oder PEFC-zert.), nachhaltiger Landwirtschaft & nachhaltiger Fischerei (z.B. MSC-zertifiziert)

Sauberes Transportwesen

Emissionsarme Verkehrsinfrastruktur und öffentlicher Verkehr, einschließlich Schienenverkehr

Nachhaltiges Abfallmanagement

Projekte in den Bereichen Abfallwirtschaft, Recycling und Energiegewinnung aus Abfall

Nachhaltige Wasserinfrastruktur 

Wasserinfrastruktur (z.B. Hochwasserschutz), -versorgung und -management (z.B. Abwassersammlung und -behandlung)

Kreislaufwirtschaft

Ökoeffiziente Produkte, einschließlich Upgrades von Herstellungsverfahren/-einrichtungen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz

Der Green Bond Markt und die teilnehmenden Sektoren und Länder verbreitern sich immer weiter. Die anfängliche Problematik in Bezug auf Diversifikationsmöglichkeiten bei einem möglichst reinen Green Bond Portfolio hat sich dadurch deutlich reduziert.

In diesem Jahr hat das Volumen der ausstehenden Green Bonds die 1 Billion EUR Marke mit rund 1.100 Einzelemissionen übersprungen. Der jüngst von der Bundesrepublik Deutschland emittierte Green Bond mit einem Volumen von 11,5 Mrd. EUR setzt diese Entwicklung eindrucksvoll fort und erfreute sich trotz einer Laufzeit von 30 Jahren einer breiten Nachfrage.

Diese langen Laufzeiten sind im Green Bond Bereich keine Seltenheit, denn die durchschnittliche Laufzeit aller ausstehenden Green Bonds liegt bei rund 8 Jahren und ist damit ziemlich lang. Ein Grund hierfür ist, dass beim traditionellen Anleihemarkt eine deutlich längere Historie besteht und Emittenten ein aktives Laufzeiten- bzw. Fälligkeitenmanagement betreiben können, während der Green Bond Markt noch relativ jung ist und viele Emittenten das aktuell niedrige Zinsniveau möglichst lange für sich sichern wollen.

Die erwähnte Neuemission der Bundesregierung weist noch ein weiteres Green Bond-Merkmal auf, denn die Rendite liegt 0,02 % unter einer vergleichbaren traditionellen Anleihe der BRD. Man spricht in diesem Falle von einer sog. „Greenium“, einer Prämie bzw. einem Abschlag eines Green Bonds ggü. einer traditionellen Anleihe. Dies mag zunächst überraschen, da es ja eigentlich keine Risiko- und Bewertungsunterschiede zwischen beiden Anleiheformen geben dürfte.

Tatsächlich gibt es auch keine Regel für diese Greenium, es lässt sich aber beobachten, dass diese bei Sektoren und/oder Emittenten häufig auftritt, die neu am Green Bond Markt erscheinen.

Im Falle der Bundesrepublik Deutschland ist es zwar schon der dritte Green Bond, gemessen an der Emissionshäufigkeit und Vielfalt Deutschlands am traditionellen Anleihemarkt ist ein Green Bond aber dennoch selten und dementsprechend führt die hohe Nachfrage zu diesem geringen Renditenachteil. Bei „reiferen“ Emittenten, wie bspw. Versorgern mit einer Vielzahl von Green Bonds am Markt, ist diese Greemium kaum bzw. gar nicht mehr vorhanden, weil sich die Nachfrage auf deutlich mehr Green Bonds verteilen kann.   

Auch wenn der Green Bond Markt aktuell EUR dominiert ist und sich diese Dominanz durch den EU Green Deal, seitens der Europäischen Kommission geplante sog. NextGenerationEU Green Bonds und damit verbundenen Neuemissionen von bis zu 250 Mrd. EUR Volumen noch ausweiten wird, so werden in den nächsten Jahren auch eine breitere Anzahl anderer Währungen erscheinen.

Der Klimawandel ist nicht primär europäisch, sondern global und es ist gut, dass die Notwendigkeit erkannt ist, ihn auch global anzugehen. Durch die Wahl von Joe Biden zum Präsidenten der USA und seiner Priorisierung des Kampfs gegen den Klimawandel wird es sicherlich noch erhebliche Zuwächse an USD Emissionen in den nächsten Jahren geben. Investitionsprogramme im Gesamtwert von 4 Billionen USD, rund ein Viertel davon für grüne Projekte, von Steuergutschriften für saubere Energie bis hin zum Ausbau des Elektrofahrzeug-Transportsystems, werden sicher vielfach durch Green Bonds refinanziert.

Verglichen mit den Green Bonds sind Social Bonds noch deutlich jünger und weniger ausgeprägt. Bei dieser Anleiheform werden die Erlöse für soziale Projekte verwandt. Solche Projekte können bspw. bezahlbare grundlegende Infrastruktur (z. B. sauberes Trinkwasser), Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen (z. B. Gesundheit, Bildung), bezahlbarer Wohnraum, Schaffung von Arbeitsplätzen, Ernährungssicherheit und nachhaltige Nahrungsmittelsysteme, sozioökonomische Förderung und Ermächtigung sein.

Die ersten Social Bonds sind zwar erst 2015/16 erschienen, bekamen aber in 2020 einen enormen Schub, denn als Reaktion auf die COVID-19 Pandemie wurden viele Social Bonds emittiert, um die sozialen Folgen der Pandemie abzumildern.

Dieser Trend setzt sich auch 2021 unvermindert fort und auch wenn der Social Bond Markt mit aktuell rund 220 Mrd. EUR deutlich kleiner als der Green Bond Markt ist, so steht er diesem in Bezug auf relative Zuwächse in nichts nach. Die Emittenten sind noch ein wenig fragmentiert mit Staaten und supranationalen Agenturen, aber die ersten klassischen Unternehmen und Banken haben ebenfalls bereits erste Social Bonds begeben.

Positiv ist beispielsweise die britische Bank NatWest aufgefallen, die im Februar 2021 bereits den zweiten Social Bond aufgelegt hat. Durch die Emission i. H. v. 1 Mrd. EUR wird bezahlbarer Wohnraum für Bedürftige geschaffen und Kredite an gemeinnützige Anbieter vergeben. Bereits im November 2019 emittierte NatWest einen Social Bond, an welchen Kredite an kleine und mittlere Unternehmen gebunden waren, die in Gebieten Großbritanniens mit der höchsten Arbeitslosigkeit und der geringsten Schaffung von Arbeitsplätzen tätig sind. Dass auch im Bereich der Social Bonds eine erhebliche Nachfrage besteht, zeigt sich exemplarisch an der fast fünffachen Überzeichnung des letzten Social Bonds von NatWest. Dies ist bei weitem keine Ausnahme, sondern eher eine breite Normalität.

Mit dem Segment der Sustainability Bonds vervollständigt sich schließlich das Bild. Erstmalig im Jahr 2012 emittiert, wird durch sie eine Kombination aus grünen und sozialen Projekten finanziert. Einige Sustainability Bonds sind auch als Green Bonds anerkannt, sodass es zu Überschneidungen kommen kann. Das Emissionsvolumen liegt aktuell bei rund 160 Mrd. EUR, holt aber ggü. Green oder Social Bonds deutlich auf. Durch Sustainability Bonds finanzierte Projekte sind typischerweise entweder grüne Projekte, die auch einen sozialen Nutzen haben oder soziale Projekte mit ökologischem Nutzen.

Ein prominentes Beispiel im Bereich der Sustainability Bonds ist Mexiko, denn es ist das erste Land, welches im September 2020 einen Sustainability Bond emittiert hat. Dieser soll dazu dienen, staatliche Projekte mit direktem Bezug zu den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen zu fördern und somit die landeseigenen Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Finanziert werden sowohl soziale als auch ökologische Projekte in den Sektoren Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Ökonomie und Biodiversität. Der Fokus liegt dabei auf strukturschwachen Gebieten sowie auf einer gezielten Reduktion von Ungleichheiten zwischen Geschlechtern und Ethnien. Es erfolgt die Herausgabe eines jährlichen Wirkungsberichtes und die Einbindung des UN-Entwicklungsprogramms bei der Evaluation und Auswahl von Projekten. Die 750 Mio. EUR große Emission war 6-fach überzeichnet und zeigt auch im Segment der Sustainability Bonds die erhebliche Nachfrage von Investoren, denen nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine nachhaltige Rendite wichtig ist.

Bei der Capitell AG nutzen wir im Portfoliomanagement alle drei Formen dieser Anleihen, speziell in unserer nachhaltigen Vermögensverwaltung. Für uns ergibt sich im Anleihebereich so die bestmögliche Umsetzbarkeit einer nachhaltigen Kapitalanlage, denn es besteht eine sehr hohe Transparenz bzgl. der Nutzung des Kapitals zur Förderung eines nachhaltigen Projekts. Die ökonomische Rendite kommt für unsere Anleger keineswegs zu kurz, denn wie zuvor beschrieben, bedeutet die Anlage in Green, Social und Sustainability Bonds kein Verzicht oder eine Verschlechterung im Vergleich zu traditionellen Anleihen.

Selbstverständlich ist bei der Selektion wichtig, dass sog. „Greenwashing“ vermieden wird. Begibt bspw. ein Versorgungsunternehmen einen Green Bond zur Förderung von Energieeffizienz, so wird zwar das Stromnetz möglicherweise besser genutzt. Sofern durch dieses Stromnetz aber weiterhin CO2 intensiver Kohlestrom geleitet wird, ist der ökologische Nutzen des Projekts in Zweifel zu ziehen. Hierfür nutzen wir unsere Researchpartner und den Informationsdienstleister Refinitiv und investieren erst dann, wenn wir vom Emittenten und dem geförderten Projekt überzeugt sind und eine positive Rendite erwirtschaftet werden kann.

Vielen Dank für Ihr Interesse.

Stefan Kramer, M.Sc.

Hinweis: Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter.

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