Bitcoin, mehr als nur eine riesige Spekulationsblase?
Frankfurt a.M., 13.01.2018
Auszug aus unserem Jahresbericht:
Im vergangenen Jahr geisterte ein Wort besonders häufig durch die Gazetten – Bitcoin. Der Bitcoin steht an der Spitze der digitalen Kryptowährungen, welche in 2017 nicht nur phänomenale Kurssteigerungen verzeichneten, sondern auch hohe mediale Aufmerksamkeit genossen. Verändert die Digitalisierung der Welt nun auch noch das Geld, das in der Währungsverfassung eines jeden Landes als gesetzliches Zahlungsmittel festgelegt wurde? Die japanische Finanzaufsicht beispielsweise hat Bitcoins bereits als gesetzliches Zahlungsmittel offiziell anerkannt. Nachfolgend wollen wir ergründen, ob der Bitcoin eine Währung, ein Investitionsobjekt, die nächste digitale Revolution oder doch nur ein im Kern nutzloses, aber temporär heiß begehrtes Spekulationsobjekt sein könnte.

Die Geschichte der Kryptowährungen geht zurück bis in die 1990er Jahre, in denen es erste Versuche gab, eine elektronische Kryptowährung zu etablieren. Damit es zur Marktreife einer ersten digitalen und dezentralen Kryptowährung kam, bedurfte es zunächst der großen Vertrauenskrise im Zuge der globalen Finanzmarktkrise. Mit der Finanzkrise in den Jahren 2007/08 wurde das Vertrauen in das etablierte Geldsystem und deren zentralen „Wächtern“ (den Zentralbanken) erschüttert. Insolvente Banken, staatliche Rettungsmaßnahmen, Null- und Negativzinspolitik sowie die hohen Anleihekäufe vieler Zentralbanken förderten die Suche nach Alternativen zu dem bestehenden Geldsystem. Ziel war es, mit einer digitalen Währung, die auf einem kryptografischen Beweis beruht und kein Vertrauen in Mittelsmänner benötigt, Geld sicher und mühelos zwischen den Akteuren zu transferieren, ohne von Zentralbanken oder Banken abhängig zu sein.
Der Bitcoin, der unter diesen Ansprüchen Anfang 2009 erschaffen wurde, besteht im Kern aus einem Zahlungssystem und einer Geld-einheit, welche dezentral in einem Rechnernetz mit Hilfe eigener Software verwaltet bzw. geschöpft wird. Das System basiert auf einer von den Teilnehmern gemeinsam verwalteten dezentralen Datenbank (diese besteht weltweit aus tausenden, regelmäßig wechselnden Rechnern), in welcher alle Transaktionen in einer Blockchain (lange Kette von Datenblöcken, welche ständig um neue Datenblöcke ergänzt wird) aufgezeichnet werden. Neue Transaktionen werden von einer Art digitalem Buchhalter (auch Miner genannt) gebündelt, an die bestehende Datenkette angehängt und an alle Teilnehmer verbreitet. Mit Hilfe kryptographischer Techniken wird sichergestellt, dass Transaktionen mit Bitcoins nur vom jeweiligen Eigentümer vorgenommen und die Geldeinheiten nicht mehrfach ausgegeben werden können. Damit diese Dienstleistung letztlich nicht nur von einer zentralen Stelle übernommen wird, können die Miner die Datenblöcke nur hinzufügen, wenn ihre Computer Rechenaufgaben lösen (prouf of work), die der Bitcoin-Algorithmus vorgibt. Letztlich begrenzt der Code von Bitcoin durch immer komplexer werdende Rechenoperationen das Angebot auf 21 Mio. Bitcoins (aktuell 16,6 Mio.). Der Bitcoin-Code ermöglicht einen grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr ohne eine zentrale Kontrollinstanz und Regulierungsstelle. Die einzige Bedingung für die Teilnahme ist ein Bitcoin-Client oder die Nutzung eines diese Funktionalität bereitstellenden Onlinedienstleisters.
Bislang erfüllen die Kryptowährungen jedoch keine zentralen Geldfunktionen. Inzwischen zeichnen sich beim Bitcoin auch erhebliche Nachteile ab. Die Rechen-leistungen verbrauchen immer mehr Energie. So lag der Stromverbrauch von Bitcoins im letzten Jahr beispielsweise in Höhe des gesamten dänischen Stromverbrauchs in einem Jahr. Wer heute Bitcoins kauft, tut dies in der Regel wohl nicht, um damit einfach und kostengünstig Zahlungen im Alltag abzuwickeln. Dazu sind die Transaktionskosten inzwischen viel zu hoch und die Übertragungsgeschwindigkeit zu langsam. Der Code von Bitcoin erlaubt nur bis zu 7 Transaktionen pro Sekunde. Zum Vergleich: die Kreditkartengesellschaft Visa kann nach eigenen Aussagen bis zu 50.000 Trans-aktionen pro Sekunde abwickeln. Damit ist bereits jetzt den meisten klar, dass sich Bitcoins in ihrer jetzigen Struktur nicht als weltweiter Zahlungsverkehrs-standard durchsetzen können. Daher gibt es bereits heute eine Vielzahl von technologisch vermeintlich besseren Alternativen, welche immer mehr in Konkurrenz zum klassischen Bitcoin treten.
Der Bitcoin in seiner heutigen Verwendung war ursprünglich für diese Größenordnungen wohl nicht ausgelegt. Auf Grund seines atem-beraubenden Kursanstieges ist er jedoch Opfer seines eigenen Erfolgs geworden und scheint heute vor allem als Spekulationsobjekt verwendet zu werden. Wer heute Bitcoins kauft, hofft darauf, dass in Zukunft eine andere Person dieser kryptografischen Software einen höheren Wert beimisst.
Die Erfahrung lehrt, dass sich solch ein Aufwärtstrend sehr schnell ins Gegenteil umkehren kann, wenn zu viele Spekulanten aussteigen. Den Zeitpunkt dafür kann jedoch niemand vorhersehen. Nicht zu unterschätzen ist das Risiko durch die fehlende Regulierung rund um Kryptowährungen und ICOs (Initial Coin Offerings). Im Gegensatz zu regulierten Börsengängen mit vorgeschriebenen Wirtschaftsprüfern, gesetzlichen Anforderungen für Emissionsprospekte usw. benötigt man für einen ICO nur eine Idee, niedergeschrieben auf einem 10 bis 20 Seiten langen „white paper“ und genügend Personen, die bereit sind zu investieren. Über 1.300 Kryptowährungen mit einer Marktkapitalisierung von über 700 Mrd. USD sprechen dafür, dass es an letzterem momentan kaum mangelt.
Wer sich in diesem Kryptodarwinismus langfristig durchsetzen wird und einen mehr oder weniger großen Platz in dieser Welt findet, ist eine hochriskante Spekulation. Ganz davon abgesehen, dass Sie, selbst mit der Wahl der richtigen Kryptowährung, Pech beim
Timing haben können oder im Dschungel der unregulierten Handelsplätze letztlich an einen unseriösen oder unsicheren Anbieter geraten und Opfer von Cyber-kriminalität werden können.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Blockchain-Technologie durchaus eine interessante Zukunftsmusik ist, welche die gesamte Finanzindustrie revolutionieren dürfte. Marktpsychologisch erscheint der Hype um Bitcoin und digitale Währungen sehr bedenklich. Dennoch werden wir diese Entwicklung von der Seitenlinie aus weiter verfolgen, da wir hierin auch eine Indikation für den Risikoappetit des Marktes erkennen.